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Sicherheitssysteme und deren Ausarbeitung zu einem wirtschaftlichen Gesamtkonzept

Explosionsschutz meets SIL

Das Thema SIL (Safety Integrity Level) ist ebenso komplex wie aktuell, wie die zahlreichen Artikel, Beiträge und Diskussionsrunden beweisen. Höchste Zeit, einen Blick aus der Sicht des konstruktiven Explo­sionsschutzes darauf zu werfen – und auch einmal über den Tellerrand der elektrischen, elektronischen und programmierbar elektronischen Systeme (E/E/PE) hinauszublicken.

Was genau verbirgt sich hinter SIL?

Bei der Beurteilung der funktionalen Sicherheit von Schutzsystemen geht es insbesondere darum festzustellen, ob die Zuverlässigkeit des Schutzsystems den Risi­ken in einer gefährdeten Anlage gerecht wird. Die Grundlage einer solchen SIL-Einstufung bildet damit eine Risikobeurteilung, die die Eintrittswahrscheinlichkeit des Versagens einer Sicherheitseinrichtung in einem bestimmten Szenario und die daraus resultierende Schadensschwere betrachtet. Aus definierten Tabellen und Werten, beispielsweise zu finden in EN ISO 13849, ergibt sich das notwendige SIL-­Level für die betroffene (elektronische) Komponente. Je höher Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder Schadensschwere, desto höher die Anforderungen an die elektroni­sche Komponente, und desto höher das geforderte SIL-Level. Einrichtungen, die mit SIL-Level 4 zertifiziert sind, bieten somit die größte Risikominimierung und sind immer dort notwendig, wo Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensschwere besonders hoch sind.

Basierend auf der durchgeführten Risikobeurteilung werden Maßnahmen evaluiert, die zur Reduzierung der beiden Faktoren Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensschwere beitragen. Ersteres wird durch vorbeugende Handlungen gemindert (z.B. Inertisierungseinrichtungen zur Vermeidung des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären). Die Schadensschwere wiederum senken konstruktive Maßnahmen (z.B. Explosionsunterdrückungssysteme).


Berstscheibe für Explosionsschutz
© Rembe® GmbH Safety + Control

SIL und konstruktiver, „passiver“ Explosionsschutz

SIL betrachtet im Ursprung die funktionale Sicherheit von (E/E/PE) Systemen. Das übergeordnete Regelwerk, auf dem sämtliche Zertifizierungen basieren, ist IEC 61508. Aussagen bezüglich der sogenannten „mittleren Ausfallwahrscheinlichkeit der Schutzfunktion bei Anforderung“ sind somit beispielsweise für die von Rembe erhältlichen Q-Bic Unterdrückungssysteme als aktive Schutzsysteme bereits seit Längerem verfügbar.

Mechanische Schutzsysteme werden in dieser Richtlinie nicht betrachtet und können demnach nicht nach dieser zertifiziert werden. Soweit die bisherige Theorie. Denn die Praxis fordert etwas anderes: Anlagenbauer und -betreiber verschiedenster Branchen fühlen sich SIL verpflichtet und fordern Zuverlässigkeitskenngrößen auch für mechanische Schutzsysteme, da diese oftmals in Kombination mit (E/E/PE)-Systemen eingesetzt werden und nur im „Gesamtwirken“ zu einem in sich stimmigen Schutzkonzept führen. Zudem werden einige Standards wie die TRBS 2152-5 künftig explizit bestimmte SIL-Level für Schutzsysteme fordern. Dass mechanische Schutzsysteme bei der Überprüfung der funktionalen Sicherheit im Explosionsschutz nicht berücksichtigt werden, führt zu massiven Problemen in der Praxis.

Basierend auf diesen Erkenntnissen hat Rembe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualitäts- und Zuverlässigkeitsmanagement (IQZ) in Wuppertal eine transparente und rechtssichere Methodik entwickelt, die es erlaubt, Explosionsschutzprodukten trotz ihrer rein mechanischen Funktion ein SIL-Äquivalent zuzuordnen. Die so ermittelten PFD (Probability of Failure on Demand)-Werte können gemäß IEC 61508 in die „SIL-Sprache“ übersetzt werden. Für die Berstscheiben des Unternehmens ergab sich eine SIL-Äquivalenz von 4. Für die Einrichtungen zur flammenlosen Druckentlastung eine SIL-Äquivalenz von 2 aufgrund der integrierten elektronischen Komponenten, die dieses SIL-Level aufweisen.

Die Ergebnisse der vergleichsweise hohen SIL-Äquivalente haben uns im Unternehmen letztlich nicht wirklich überrascht, Stefan Penno, Geschäftsführer von Rembe bringt es auf den Punkt: „Jedem Ingenieur leuchtet wohl ein, dass ein einfaches mechanisches Funktionsprinzip wie das einer Berstscheibe naturgemäß zuverlässiger ist, als das eines noch so ausgefeilten wie ­redundanten elektronischen Regelkreises, insofern die Qualität der Verarbeitung stimmt und das richtige Funktionsprinzip angewendet wird.“

Kurzum: Berstscheiben sind Sicherheits­systeme mit höchster Zuverlässigkeit – voraus­gesetzt, sie wurden von einem Experten, basierend auf den Parametern des zu betrachtenden Prozesses entwickelt und ausgewählt. Denn im Explosionsschutz ist es grundsätzlich mit dem Kauf einzelner Komponenten nicht getan. Es zählt die Ausarbeitung eines passenden, wirtschaftlichen Gesamtkonzepts.

Bild: © istockphoto.com | stocksnapper

C&M 1 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 1 / 2015.
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